Sind Indianer schwindelfrei?


Ein weltberühmtes Bild, entstanden am 20. September 1932 (das Original heißt Lunch atop a Skyscraper). Da sitzen elf Stahlarbeiter offenbar entspannt im 69. Stockwerk des im Bau befindlichen Rockefeller Centers, halten ein Schwätzchen, holen das belegte Brötchen aus der Lunchbox und baumeln mit den Beinen. Kein einziger scheint abgesichert. Das Foto ist echt, kein Trick dabei. 

Wenn sie weiterarbeiten wollen, dann müssen sie ihren Kram zusammenpacken, sich auf die Beine begeben und zurückbalancieren, einer nach dem anderen. Unter ihnen liegt New York – der Strassenlärm dürfte gedämpft oben ankommen. Rechts im Hintergrund breitet sich der Centralpark aus.

Ich las verschiedentlich, es handelte sich bei den Arbeitern ausschließlich um Indianer, und zwar Mohawk. Die seien prädestiniert für die Arbeit in großer Höhe, weil schwindelfrei. (Andererseits waren mindestens vier der Männer irisch-stämmig. Sind Iren auch von Natur aus schwindelfrei?)

Aber dass speziell die Mohawk – zum nordamerikanischen und kanadischen Stamm der Irokesen gehörend – im Bau hoher Gebäude eingesetzt werden, ist schon wahr. Das fing 1886 an, als die Victoria-Tubular-Eisenbahnbrücke über den Sankt-Lorenz-Strom gebaut wurde. Den Ingenieuren fielen nach Feierabend junge Mohawk auf, die offenbar völlig sorglos und erstaunlich geschickt in der Konstruktion herumkletterten.

Sie erkundigten sich bei den jungen Männern, ob sie nicht Lust hätten, mit an der Brücke zu arbeiten. Der Erfolg war überwältigend. Die Indianer agierten mutig, trittsicher, geschickt und offenbar ohne jede Angst vor einem Sturz in die Tiefe.

Daraus ergab sich, dass Mohawk in ganz Amerika enorm gefragt sind für derartige Jobs. Überdurchschnittlich viele Stahlmonteure stammen aus den vier Indianer-Reservaten an der amerikanisch-kanadischen Grenze. Sie ziehen von Großbaustelle zu Großbaustelle im Land  herum, sie sind inzwischen anerkannte Spezialisten. Das World Trade Center beispielsweise wurde fast ausschließlich von Indianern in die Höhe gezogen.  

Der Job ist nicht nur gefährlich, sondern so anstrengend wie Hochleistungssport. Alt wird man nicht damit. Weniger, weil man vom Gerüst fällt, sondern vor allem, weil Knochen und Gelenke übermäßig gefordert sind und schnell dabei verschleißen …

Glücksfaktor, häufig: Spezialisierung.

 

 

 

 

 


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