Tattoos


gibt es überall. Gab’s schon zur Steinzeit. Ötzi beispielsweise, der vor 5250 Jahren im Gebirge rumkraxelte und durch Pfeilschuss erlegt wurde, weist eine Menge Tätowierungen auf (mehr als 60!) An ägyptischen Mumien, männlichen wie weiblichen, fand man welche. Das Interessante an Tattoos ist, dass sie bleiben, notfalls über Jahrtausende.

 

Menschen neigten weltweit seit jeher dazu, ihre Haut auf diese Art dauerhaft zu verzieren. Einige weniger, andere umso mehr. Die Māori etwa gern im Gesicht.

 

 

Die Japaner, hauptsächlich am Körper verziert, waren manchmal unter ihren Tattoos kaum noch zu erkennen.

 

FELICE BEATO c. 1870 in JAPAN. They have TRADITIONAL TOP KNOTs and are heavily tattooed in the sujibori style. (Mal abgesehen von der Tätowierung: Sehen diese beiden nicht ein wenig aus wie John Lennon und Yoko Ono auf ihrem Verlobungsfoto, ‚Two Virgins, Rückseite“?)

Wir Westeuropäer hielten uns in den vergangenen Jahrhunderten vergleichsweise damit zurück. Tätowiert waren überwiegend Seeleute – die ließen sich gern ein Kreuz, ein Herz und einen Anker in die Haut stechen, um sich durch die Symbole von Glaube, Liebe und Hoffnung als Christen auszuweisen und, falls sie irgendwo unbekannt und vielleicht unbekleidet angespült wurden, ein christliches Begräbnis zu erhalten. Das Praktische an Tattoos ist, dass sie bleiben.

Außerdem Gangster, die damit Bandenzugehörigkeit demonstrieren. Da gibt es die typischen, manchmal recht unbeholfen selbstgemachten Tattoos aus dem Knast, die einer bestimmten Symbolik folgen. Die einzelne Träne unter dem Auge etwa, die, unausgefüllt, andeutet, die Rache kommt erst noch. Ausgefüllt meldet sie den vollzogenen Mord. Spinnweben und Stacheldraht zeigen die Zeit an, die noch abgesessen werden muss. Wer aus dem Gefängsnis entlassen wurde und den Wunsch verspürte (und auch noch die Möglichkeit erhielt), als unkrimineller Bürger in die Gemeinschaft einzutauchen, dem stand nun seine Vergangenheit im Gesicht, auf den Händen oder zumindest auf Körperpartien, die im Sommer sichtbar wurden. Das Unpraktische an Tattoos ist, dass sie bleiben.

Der liebe Gott war übrigens sowieso nicht dafür. Er äußerte zum Thema – Bibel, 3. Mose 19,28 – „Und einen Einschnitt … sollt ihr an eurem Fleisch nicht machen; und geätzte Schrift sollt ihr an euch nicht machen. Ich bin der Herr.“

Tja. Ist er nicht so richtig ein für alle mal mit durchgekommen. Seit etwa vierzig Jahren gilt es zunehmend als ziemlich uncool, nicht tätowiert zu sein. Man möchte doch dazugehören, da lässt man sich pieksen. Allerdings könnte das als unsolidarisch an der Gemeinschaft gewertet werden, denn es kann gesundheitliche Schäden nach sich ziehen und anderen Menschen, die ihn dringender brauchen, einen Arzttermin  wegnehmen. Vor allem einige Rottöne der Tätowierfarbe stehen in starkem Verdacht, krebserregend zu sein.

In den späten 90ern wurde es für Mädels enorm populär, sich einen Schnörkel über den Pürzel stechen zu lassen. (2004 gab es sogar eine ‚Miss Arschgeweih‘.) Kaum eine  Frau, die auf sich hielt, kam ohne so ein Ding aus während der Bauch-frei – und hinterwärts frei – Mode. 

Daraus ergab sich zunehmend der Trend, von oben bis unten geblümt und geblättert, getiert und  geringelt, beschriftet und gemustert aus Ärmeln und Ausschnitt aufzutauchen. Tattoos sind unter stilbewussten Zeitgenossen ebenso notwendig wie Markenklamotten. Aaaaaber – Klamotten, Stil und Trend kann man mühelos auswechseln …

Das Dumme an Tattoos ist, dass sie bleiben. Mancher Hollywoodstar, trendbewusst und stylisch bis in die letzte Pore, geriet in einige Verlegenheit über die Liebeserklärung für Clarabella, quer über seinem Leberbereich, weil es inzwischen Sandy war, der seine unbegrenzte Zuneigung gehörte. Manchmal ließ sich der größte Teil Clarabellas unter Blümchen und Kolobris verstecken – also übertätowieren – und Sandys Name irgendwie obendrüberpixeln. Kritisch wurde es zwei Jahre später, wenn die Liebe zu Judy entflammte und die zu Sandy verblich. Was weniger verblich, war das Tatoo.

Das Ärgerliche an Tattoos ist, dass sie bleiben …

Doch, sie lassen sich entfernen. Das ist indessen meistens langwierig, nicht schmerzlos und leider teuer. Früher hieß es, ‚Drum prüfe, wer sich ewig bindet!“ – bezogen auf Partnerschaft. Na ja, sich von einem Menschen zu trennen ist inzwischen normalerweise ein Klacks. Von der eigenen Haut ist schon komplizierter. Es sollte also inzwischen heißen: „Drum prüfe, wer sich ein für alle Mal das Fell mit irgendeiner Überzeugung beschriftet – ob er für den Rest seines Lebens dabei bleibt“. Und wer ahnt das schon?

Darüber hinaus, wenn bereits die Tätowierfarbe teilweise in Verdacht steht, der Gesundheit wenig zuträglich zu sein, umso mehr die verschiedenen Methoden der Entfernung. Die losgelösten Farbpartikel reichern sich gern in Lymphknoten und Organen an und tun da nicht unbedingt gut.

Wie schön also, dass es mit Mehndi eine Methode gibt, die a) unschädlich ist – zumindest, wenn man die richtige Hennasorte benutzt – und die b) nicht ewig verweilt. Am liebsten wird in Pakistan, Indien, Marokko, Bangladesch und so weiter zur Hochzeit eine Braut kunstvoll mit typischen Ornamenten bepinselt, und das ausgiebig, bis zur letzten Zehenspitze.

 

Falls keine Braut zur Hand ist, können auch Tourist*Innen ornamiert werden, solange sie gut dafür bezahlen. Das Ergebnis ist prachtvoll. Und, das ist je nach Auffassung schade oder erfreulich, es verschwindet wieder!

Arnes Frau Lisa, inzwischen nicht mehr ganz Malteserin sondern mehr und mehr Hamburgerin, versteht sich seit Langem auf die Kunst des Mehndis. Ich glaube, es gibt eine ganze Menge Freundinnen und Kundinnen, die sie auch deswegen auf Malta vermissen. Nein, dass so was bei Ernst nicht klappt, hatten wir ja schon mal rausgearbeitet: zuviel Fell im Weg.

Aber Löwes Tochter und mir wurden zwischen den Festen bei einem kleinen Familientreffen die Hände wunderschön von Lisa hergerichtet. Ich wünschte mir natürlich eine Katze auf der Pfote.

Zuerst ist das Zeug feucht und schwarz und riecht denkwürdig. Man darf eine Weile nicht rumzappeln oder mit der bemalten Fläche irgendwo gegen wischen. Das hab ich natürlich gemacht, und sofort  riefen alle meine Verwandten im Chor: „Sei vorsichtig, es ist noch nicht trocken!“

Später blättert es ab und man meint, darunter sei nur noch eine blasse Silhouette der Zeichnung. Am nächsten Tag zeigt sie sich jedoch klar und deutlich, dunkel-Orangebraun. Das sieht wirklich sehr hübsch aus und soll bis zu drei Wochen oder länger halten. Allerdings bestimmt nicht in Corona-Händewaschzeiten. Das schrubbt sich schneller ab.

Insofern zeigt sich die Henna-Tätowierung auf meinem ‚Gutes-Neues-Jahr-Foto‘ mit Ernst, nur zwei Tage später, leider bereits recht verwaschen, im wahrsten Sinn des Wortes.

Lisa schenkte mir Hennafarbe für Mehndis, weil sie meinte, ich könnte das auch. Ich will es gern versuchen. Falls ich ein Opfer finde, das still hält und falls mir was Hübsches gelingt, werde ich mir gern erlauben, es rumzuzeigen …

Glücksfaktor, für mich: Sachen, die nicht unwiderruflich sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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