Touchdown


Mein erster Mann besaß einen Flugschein für Kleinflugzeuge und später noch einen für Wasserflugzeuge. Um diese Scheine behalten zu dürfen, musste er soundsoviele Flugstunden im Jahr absolvieren. Er befand sich also mit einer gewissen Regelmäßigkeit in der Luft.

Ich kann nicht sagen, dass ich diese Begeisterung teilte. Ich drängelte mich nicht darum, mitfliegen zu dürfen. Trotzdem konnte ich es ab und zu nicht vermeiden. Deshalb wurde eines Tages an mich der Anspruch gestellt, einen Pinch-Hitter-Schein zu machen.

Bitte wie?

Soviel ich weiß, entstand die Idee für diese Disziplin, nachdem in Ohio eine abgestürzte Cessna samt der beiden Insassen gefunden wurde: ein Ehepaar. Er hatte den Pilotenschein, sie hatte, nachdem er urplötzlich an einem Herzanfall verendete, nach einer Weile den Schlüssel gezogen, um nicht weiter in der Luft herumzutrudeln, bis das Benzin alle war. Das rekonstruierte man, denn sie hielt besagten Schlüssel noch in der Hand.

Der Pinch-Hitter-Schein entspricht durchaus keinem vollwertigen Flugschein. Er ist für Begleitpersonen gedacht, die im Fall eines unfähig gewordenen Piloten wissen, wie man so ein Dings wieder auf die Erde bringt. Das Luftfahrt-Bundesamt erkennt den Schein an.

Man braucht dafür kein ärztliches Tauglichkeitszeugnis. Es reicht, gesund und einigermaßen bei Verstand zu sein. Dann absolviert man 5 theoretische Unterrichtsstunden und ungefähr nochmal soviel Stunden in der Luft mit einem Fluglehrer. Um die Urkunde zu bekommen, muss man 15 mal gelandet sein – immer noch mit Fluglehrer, aber selbsttätig. 

Bei meiner ersten Flugstunde erschreckte ich den Lehrer, indem ich mich am Steuerruder nach oben zog, um die Elbe besser sehen zu können. Dadurch lernte ich gleich, dass es sich nicht empfiehlt, an einem Steuerruder zu ziehen. Das bringt ein Flugzeug nämlich steil nach oben, Richtung Weltraum.

Meine erste Landung war sahnemäßig. Ich tupfte die Cessna sachte auf den Boden und ließ sie ruhig ausrollen. 

Der Fluglehrer konnte sich vor Begeisterung gar nicht beruhigen. Er meinte, so eine erste Landung hätte er noch nie erlebt, ich sei ein absolutes Naturtalent!  Ich müsste unter allen Umständen den richtigen Flugschein machen. Ich widersprach: das wäre reiner Zufall gewesen.

Wir stiegen wieder auf, diesmal ohne effektvolle Elb-Besichtigung, drehten ein paar Kurven und landeten erneut. (Darum ging es ja schließlich.) Wieder eine superfeine Landung! Fluglehrer in Ekstase. Wollte auf der Stelle von mir eine Unterschrift, damit ich mit diesem ungeheuren Talent ein richtiger Pilot werden konnte.

Mir war indessen klar, dass ich vermutlich nur deshalb so fein landete, weil ich so glücklich war, wieder unten zu sein.

Fliegen ist einfach nichts für mich. Nicht, wenn jemand anders am Steuerknüppel sitzt. Und schon gar nicht, wenn ich das selber bin.

Ich hab das mit dem Pinch-Hitter-Schein übrigens nach der dritten Flugstunde bleiben lassen. Mir war nämlich inzwischen die gute Idee gekommen, einfach nie mehr in einem Kleinflugzeug mitzufliegen. Auch eine Art, nicht damit abzustürzen.

Glücksfaktor: ein Ehemann, der wandert, statt zu fliegen …

 

 

 

 

 


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