Trotz allem: Heiterkeit!


Der Samstag sah so eklig aus, mit Schneematschresten und in verwaschenem Grau, dass ich nach einem Blick aus dem Fenster zum Löwen sagte: „Was für ein Mut zur Hässlichkeit! Der baut wirklich nur auf innere Werte!“

Trotzdem ging ich nachmittags raus. Der Mensch braucht frische Luft, egal, in welcher Kulisse. Weil wir, im Gegensatz zu den meisten alten Paaren, durchaus nicht immer alles gemeinsam machen, blieb der Löwe am Schreibtisch. Aber ich hatte bei Lydia noch einen Brief abzugeben, der versehentlich in unserem Postkasten gelandet war – und dann stellte sich heraus, dass sie gern mitkam. Wie schön!

Lydia und ich finden immer etwas zum Lachen, darauf kann man geradezu bauen. 

Allerdings fanden wir auch etwas Trauriges: ein schönes, großes totes Eichhörnchen. Ganz bestimmt nicht erfroren, sondern mit einer kleinen blutigen Wunde am Hals.

Eigentlich muss man sagen, Lydia entdeckte das Tier. Sie guckt nämlich als Heilpraktikerin aus professionellen Gründen häufig am Straßenrand zu Boden und erzählt, was da so wächst und wozu das gut ist. So findet sich dann immer mal die eine oder andere Leiche. (Vielleicht hat sie als Skorpion auch einfach Affinität zum Hades und Pluto und so was?) Übrigens hat Lydia  den, wie ich finde, sehr liebenswerten Charakterzug, niemanden, der tot ist, einfach in der Gegend rumliegen zu lassen. Sofern sie ihn nicht verbuddelt, legt sie den jeweiligen Körper (Amsel, Kaninchen etc.) an eine geschützte Stelle und bedeckt ihn mit Laub.

Wir betrachteten einen Apfelbaum, der Dutzende schwarzer dicker Knötchen in seinen Zweigen zeigte. Lydia vermutet, er steht auf einer Wasserader und hat durch diesen ständigen ‚Energiesmog‘ Krebs. Na gut, das war auch nicht so witzig.

Aber wir plauderten auch. Und da erwähnte Lydia, eine gemeinsame Bekannte hätte sie kürzlich angerufen, weil sie nur mal ihr kleines Schneckchen halten wollte.

Sicher entnahm sie meinem bestürzten Schweigen, dass etwas nicht stimmte. (Also gerade von DER hätte ich das nie vermutet!) Ich bin ja bekanntlich tinnitusgeschädigt und verstehe gern mal was falsch. In diesem Fall stellte sich heraus, die Bekannt hätte mit Lydia NUR MAL EIN KLEINES SCHWÄTZCHEN HALTEN WOLLEN.

Nachdem das geklärt  war, hingen wir vor Lachen über dem nächstbesten Zaun. Sehr zum Missfallen zweier Anwohnerinnen, die in Skiausrüstung auf einer Terrasse saßen und aus einer Thermoskanne Kaffee tranken. Vermutlich hatten sie ihre erlaubten Bekanntschaften schon aufgebraucht und begegneten sich nun zum Kaffee (und kleinem Schwätzchen) an der frischen Luft. Dazu zieht man sich dann eben büschen was Warmes an. Geselligkeit in Zeiten der Corona.

Glücksfaktor: So sehr zu lachen, dass man am nächsten Tag Muskelkater hat …

 

 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert