Der Löwe und ich haben ja unter anderem ein Lektorat und stöbern in den Texten anderer Menschen nach Fehlern – falsche Zeichensetzung oder veraltete (und manchmal auch verfrühte) Grammatik.
Dabei gibt es die unterschiedlichsten Erzeugnisse mit teilweise entgegengesetzten Anliegen.
So hatten wir vor einigen Tagen einen politischen Text, der geradezu verzweifelt erklärte, es sei unabdingbar notwendig, die Städte nachts viel intensiver zu beleuchten, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern oder zumindest zu erschweren.
Und heute kam die Broschüre eines Naturschutzbundes, der sich dafür einsetzt, Wildkatzen wieder in deutschen Wäldern anzusiedeln und Sumpfgebiete zu entschlammen. Vor allem jedoch liegt den Leuten am Herzen, dass Nachtfalter nicht aussterben. Was dazu nötig ist, meinen die Naturschützer, sind neben ungedüngten und artenreichen Wiesen vor allem dunklere Städte. Die Falter, steht da, sind nachtaktiv. Die starke Beleuchtung der nächtlichen Städte wird für sie und andere Insekten zur tödlichen Falle. Die Naturfreunde setzen sich also dafür ein, Lampen nachts stundenweise auszuschalten oder zumindest schwächeres Licht anzubringen.
Der Löwe und ich guckten uns besorgt an. Was denn nun?
Und er sagte: „Bis jetzt hieß es ja oft, die Frauen wollen es nicht anders, weil sie sich so aufreizend anziehen oder nachts noch unterwegs sind, statt ab acht sittsam zu Hause zu bleiben. In Zukunft kann man vielleicht sagen, die Schmetterlinge sind Schuld …“
Aus irgendeinem Grund erinnerte mich das an ein altes Lied, das Marlene Dietrich gesungen hat: Sag mir, wo die Blumen sind. Da heißt es, Mädchen hätten die Blumen gepflückt – wo sind die Mädchen? Männer haben sie genommen – wo sind die Männer? In den Krieg gezogen – wo sind die Soldaten? Über Gräbern weht der Wind – wo sind die Gräber? Darüber wachsen Blumen …
Was ja für Schmetterlinge sehr wünschenswert wäre. Und weil Schmetterlinge Blumen benötigen, die ja dann auch auf Gräbern … und weil die Männer die pflückenden Mädchen benötigen – das scheint so eine Art unabdingbarer Kreislauf zu sein. Da kann man überhaupt nichts machen.
Glücksfaktor: Einen Schuldigen zu finden …