Der Teufel in Devon


Im Februar 1855, in der Nacht vom 8. zum 9. des Monats, gab es in der Grafschaft Devon im südwestlichen England ungewöhnlich heftige Schneefälle. Am nächsten Tag entdeckten die Einwohner sonderbare Fußspuren: gespaltene Hufe, doch nicht in der Art, wie man sie sonst von Pferden sah. Vielmehr wirkte es, als sei jemand mit einem einzigen Huf über den Schnee geeilt.

Bereits einige Tage später berichteten Zeitungen in ganz England über die ‚Devil’s Footprints‘, die Abdrücke des Teufels, der ja bekanntlich nur einen Pferdefuß besitzt.

Die merkwürdigen Abdrücke verliefen über lange Strecken schnurgerade, waren ungefähr zwischen vier und sechseinhalb Zentimeter breit und jeweils, ziemlich regelmäßig, zwanzig Zentimeter voneinander entfernt. Erstaunlich war auch die Länge der Spur – sie reichte über nahezu hundert Meilen, das sind etwa 160 Kilometer! Und das in einer Nacht. Man sollte meinen, der Teufel hätte eine verteufelt gute Kondition. Sein Pferdefuß war über Gärten und Häuser (einschließlich der Spuren auf den verschneiten Dächern) Heuschober, Mauern, Gräben und andere Hindernisse hinweggehüpft, immer von Osten nach Westen. Hier die Skizze eines Zeitzeugen:

Sogar durch kleinere Abflusskanäle führte die Hufspur sowie über den Fluß Exe hinweg. Überall in der Grafschaft betrachteten die Menschen den Schnee, wunderten sich und rätselten. Dann kamen Gerüchte auf, eine sehr dämonisch anmutende Gestalt sei in der Gegend herumgesprungen. Die Menschheit bewaffnete sich auf der Stelle mit Knüppeln, Flinten und Mistgabeln, um den Teufel zu vertreiben.

Da der Höllenfürst natürlich schlau genug war, sich nicht erwischen zu lassen, widmeten sich nun ernsthafte, wissenschaftlich denkende Männer diesem Phänomen.

Erste Erklärung: Irgendein zweifelhafter Spaßvogel war durch die Nacht geeilt mit einem heißen Hufeisen. Aber sollte der ein ambulantes Feuer bei sich gehabt haben, um das Hufeisen immer wieder zu erwärmen? Und ein einziger Mann – über diese lange Strecke?

Zweite Erklärung: Die Bevölkerung befände sich in einem Zustand der Massenhysterie und bildete sich das alles nur ein. Allesamt?

Dritte Erklärung: ein Wetterballon! Die werden ja auch heutzutage immer gern als Schuldige identifiziert, falls irgendwer Ufos gesehen hat. In diesem Fall meinten kluge Leute, der betreffende Ballon könnte sich losgerissen haben, eventuell mit einem Hufeisen beschwert, und sei nun vom Schneesturm über das Land getrieben worden, wobei er immer wieder mit dem Hufeisen aufstippte. Klingt einleuchtend, oder? Andererseits:  Wie soll sich ein Wetterballon durch ‚kleinere Abflusskanäle‘ gezwängt haben?

Die Wissenschaft verdächtigte Dachse, Hunde, Esel, Katzen, Fischotter sowie ein Känguru, das einem Tieraussteller entlaufen – oder vielmehr entsprungen war. Doch wäre das tapfere Tier aus dem heißen Australien durch den eiskalten, recht breiten Fluß Exe geschwommen? Eher nicht …

Schließlich, diese Deutung hat sich bis auf den heutigen Tag als die wahrscheinlichste gehalten, sollte es sich bei den merkwürdigen Spuren um die Ganzkörperabdrücke springender Nagetiere wie Waldmäuse oder Haselmäuse handeln, im Schnee auf Futtersuche. Alle in einer disziplinierten Linie?

Auf Außerirdische kam damals noch niemand.

Wenn ich auch mal eine Meinung äußern dürfte? Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der Teufel einfach wirklich nachts in Devonshire unterwegs gewesen ist. Erstens ist das eine reizende Landschaft (ich bin, was das angeht, zutiefst parteiisch, ich liebe England und finde es unvergleichlich schön), zweitens unheimlich genug für Luzifer (hier liegt das geräumige und gruselige Dartmoor, in dem Sherlock Holmes den Hund derer von Baskerville gejagt hat) und drittens hat es bestimmt irre Spaß gemacht, auf einem Huf über die makellose Schneedecke zu hopsen und ihr viele tausend Stempel zu verpassen.

Ich finde diese Deutung mindestens so einleuchtend wie militärische Haselmäuse in einer Reihe von Exmouth nach Teignmouth.

Glücksfaktor: Es gibt Dinge, gerade auf dieser Insel, die sich niemals ergründen lassen …


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