Nichts ist unmöglich!


Das stimmt natürlich nicht. Alles Mögliche ist unmöglich. Andererseits ist weniger unmöglich, als die meisten Leute denken.

Ein paar Sachen natürlich kriegt man wirklich nicht hin. Vor fast dreißig Jahren gefiel mir dieser Spruch NICHTS IST UNMÖGLICH! so gut, dass ich, als ich einen neuen Wagen leasen wollte, bei Toyota anrief. Um zu erfahren, dass sie mir kein Automatik-Auto liefern konnten. Unmöglich. Das fand ich doch sehr enttäuschend. (Inzwischen haben sie natürlich welche.)

Es ist beispielsweise unter den meisten Umständen nicht unmöglich, überwiegend glücklich zu sein. Noch nichtmal, wenn man eine drei Meter fünfzig große Depression beherbergt. Jede Depression hat hin und wieder was anderes zu tun. Es ist nicht unmöglich, im hohen Alter von über 60 noch mit Ballett- oder Klavierunterricht anzufangen, ich habe mehrere (übrigens immer weibliche) Personen gekannt, die das schafften.

Es ist nicht unmöglich, sich eine unmögliche Liebe aus dem Kopf zu schlagen – obwohl das zu den schwierigsten Sachen überhaupt gehört.

Nach all diesen einleitenden Worten möchte ich auf die Söcklis zu sprechen kommen.

Meine Mama konnte ziemlich gut stricken – nach Vorlagen. Auch Pullover, sogar mit Zopfmuster. Sie war dagegen nicht in der Lage, einen vernünftigen Stich zu nähen. Ab etwa meinem fünften Lebensjahr übernahm ich es, alles im Haus zu nähen, zu stopfen und zu flicken, was danach verlangte. Dafür hab ich ziemlich spät Stricken gelernt. Häkeln – das ging noch, weil Häkelnadeln Haken besitzen, mit denen sie den Wollfaden zuverlässig festhalten. Stricknadeln sind tückischerweise an allen Enden glatt, was undisziplinierte und lebhafte Maschen gern dazu verlockt, runterzurutschen und wegzulaufen. Dann werden sie Laufmaschen, verlieren sich irgendwo im Wolldickicht und müssen mit einer Häkelnadel mühsam zurückgeangelt werden.

Ich lernte erst richtig zu stricken, als ich in meinen späten Zwanzigern war. Da Mama die Pullover bei Bedarf herstellte, warf ich mich auf Socken. An die traute meine Mutter sich nicht ran, wegen der Fersen. Wollte sie nicht und konnte sie nicht.

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Ich strickte beim Fernsehen, Socke um Socke. Nie nach vorgegebenem Muster, immer nach spontanem Einfall. Im Lauf der Zeit vermutlich an die hundert Paar. Nahezu alle, vor allem die hübscheren, verschenkt. An meine Schwiegertochter Lisa, die sich darüber freute, einige Male.

Und dann kam Lisa mir eines Tages mit folgendem Problem:

Ob ich die nicht rette könnte? Es waren (offensichtlich) ihre absoluten Lieblingssocken.

Ich fühlte mich plötzlich ziemlich inkompetent und begann, Expert Ping! Innen zu fragen. Die Inhaberin meines Wolle-Ladens und zwei Freund Ping! Innen, die überall bekannt sind als Strick-Weltmeister Ping! Innen.

Übereinstimmende Meinung: lass mal.

Die Wolle-Laden-Lady bot mir an, ziemlich dieselbe Wolle wiederzufinden und mir zu verkaufen, dann könnte ich einfach von vorn dasselbe nochmal stricken. Ein Verkäufer Ping! Innen Standpunkt.

Die Freundinnen meinten, das lohne nicht beziehungsweise sei unmöglich. Die eine sagte, die Idee, diese Dinger wieder zum Leben zu erwecken erinnere sie an den Friedhof der Kuscheltiere. Da sei kein Segen drauf.

Da ich nur so mittelabergläubisch bin, traute ich mich trotzdem an die Sache ran. Ich kaufte Wolle in einer ungefähr identischen Farbe – von der ursprünglichen hatte ich keinen Faden mehr – schnitt vorsichtig die Fusseln der kaputten Söcklis ab und vernähte alle losen Maschen. Dann strickte ich zwei einsame Fersen und nähte sie über die kaputten Teile.

Na gut, schön ist anders. Die Fersen stehen jetzt ein wenig vor. Soviel ich weiß, entsprachen die wiederbelebten Haustiere bei Stephen King auch nicht mehr hundertprozentig ihrem alten Selbst …

Glücksfaktor: Ganz viel ist möglich.

 

 

 

 


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